Nicht nur Popcorn vergegenwärtigt die historischen Parabeln
Tomáš Hejzlar 15. März 2004 zdroj Haló noviny
Shakespeares überzeitliche Botschaft über den englischen König und seinen Hof
Das Stadttheater Brno führte am 21. Februar die tschechische Erstaufführung des Spiels Heinrich VIII. auf. Der Regie der historischen Parabel von William Shakespeare nahm sich Stanislav Moša an. Die berühmte Geschichte des Lebens von Heinrich VIII., wie der ganze Titel des Spiels lautet, stellt den Epilog des Werks von Shakespeare dar.
Auf den tschechischen Bühnen wurde das Spiel noch nie aufgeführt, obwohl die erste Übersetzung ins Tschechische schon im Jahre 1870 (Autor war Josef Čejka) entstand.
Die zweite gelungene Sprachtranskription von Antonín Klášterský entstand im Jahre 1915 im Zusammenhang mit der beabsichtigten Einordnung des Titels in den Spielplan des Prager Nationaltheaters. Die Idee von Jaroslav Kvapil, das Spiel in Szene zu setzen, wurde doch nicht realisiert: der Grund dazu bestand in den Befürchtungen, ob das Schauspiel wegen seinem Antiklerikalismus von der österreichischen Zensur nicht verboten wird.
Die dritte, ebenfalls nicht realisierte
Übersetzung schuf im Jahre 1962 František Nevrla, aber nicht einmal in dieser politisch freieren Zeit wurde die tschechische Version des Spiels auf der Bühne aufgeführt. Erst die heutige, neueste Übersetzung von Jiří Josek wurde in Szene gesetzt.
Überzeitlichkeit von Shakespeare
„Die Inszenierung versucht, den Mensch in unterschiedlichen Situationen selbstzuironisieren. Und ich setzte voraus, dass das Lachen der Zuschauer verursacht, dass sie umso intensiver über die Prinzipienfragen unserer Leben nachdenken können“ führte zum Einstudieren der Regisseur Stanislav Moša an. Seiner Meinung nach, verführt das Spiel die Inszenatoren dazu, ein riesiges „Spektakel“ mit Hunderten von Schauspielern und Prozessionen zu schaffen. „Auf der Bühne könnten ruhig auch Tiere bummeln. Wir haben doch die Inszenierung wie ein Kammerspiel besetzt, wie es zur Shakespeares Zeit gewöhnlich war, doch in drei Ebenen“. ergänzte Moša. „Einige Figuren sind historisch, andere aktuell und weitere überzeitlich“, beschrieb der Regisseur seine Auffassung.
Wie wird es von Moša gesehen
Durch die Relativisierung der festen Handlungskonstruktion wird aus der Vorstellung nicht nur ein politisch überzeitliches Spiel geschafft, sondern ein gewisses Bühnenstück, das zur Technik des experimentalen Bildungsprozesses nahe kommt, welcher insbesondere für die tschechische Theaterproduktion von 60 Jahren des vergangenen Jahrhunderts typisch ist. Er kommt so zu den Realisationsvisionen von Otomar Krejča oder Alfréd Radok, und zurzeit z.B. von Vladimír Morávek oder Jan Antonín Pitínsky nahe. Moša knüpfte an die wertvollsten Traditionen der tschechischen Regieschule an, aber gegenüber der traditionellen szenischen Stilisierung inkliniert er hier zu der Technik der Klangvisualisierung, die für Rundfunk typisch ist.: er verzichtet auf die leeren Effekte der Gestikulation, um durch den Kammercharakter die Zuneigung zu den Wörtern noch zu intensivieren. Er ist doch kein bloßer Beschreiber der Handlung: er gibt dem Werk Psychologie, genauer gesagt „er dichtet es“, wie es z.B. für die Technik von Emil František Burian typisch ist.
Die Shakespeare`s Handlung von Moša kommt trotz aller Schlagleistungen des Inhalts in seiner szenischen Form eher zur Filmvisualisierung im Stil von den Regisseuren Krška, Vláčil und weiteren nahe: er lässt sich von der Dynamik der Handlung hinreißen (die er aber vollkommen bewährt), aber er bereichert sie um vermutete Tone der impressionistisch gespürten Traumbilder. Die Dreieinigkeit der Regieauffassung, wie sie von Moša durch seine eigene Erläuterung präsentiert wurde, ist also keine bloße Bestrebung nach Verschiedenheit; es ist ein eigenständiger Weg, der neben der Zeitbezogenheit der Shakespeares Handlung auch Empfindlichkeit, also Betonung der wirklichen dramatischen Ästhetik anbietet.
Buntes Spektakel mit politischem Kontext
Die Auffassung von Moša wird fortlaufend von einem „Vorbühnepaars“ von zwei Kerlen (Viktor Skála a Petr Štěpán) mit ein bisschen frechen Verhalten begleitet, die eine Art von Kommentatoren der Handlung und der Aktionen darstellen; manchmal erfüllen sie so die traditionelle Erzählerrolle. In den Wurf kommen sie immer rechtzeitig: wenn es nötig ist, die Handlung vorzuschieben, sie zu kommentieren, ästhetisch zu bereichern. Sie können vielleicht an Voskovec und Werich mit ihren berühmten „Ansprachen“ erinnern, aber diese Klassiker der tschechischen Komik werden von Moša nicht in ihrer Position angenommen. Sie sind eigenartig, sie gehören gerade hierher. Das bunte Spektakel von Shakespeare, in dem politisches Spiel, Tragik ohne Bitterkeit, freundliches Lustspiel und eine gewisse Art der Rituale gemischt sind, wird wie eine Reihe von Episoden angenommen, in den Aufstiege und Abstürze von einflussreichen Menschen dargestellt werden – des Herzogs von Buckingham (Petr Gazdík oder Igor Ondříček), der ersten Ehefrau von Heinrich, Katharina, und des allgewaltigen Königsratgebers Kardinal Wolsey. Diese Menschen sterben doch nicht mit einem realistischen Tod, sie sind im euphemistischen Versöhnen zu einer weiteren „Wanderung durch die Geschichte“ im zivilen Symbolismus mit ritueller Noblesse fortgeführt. Vielleicht keine von den bisherigen Verfilmungen von Shakespeare oder keine von seinen szenischen Aufführungen verabschiedet sich mit den Sterbenden so gefühlvoll. Auch die einzelnen Gestalten werden nicht durch die Textvorlage begrenzt.
Zum Beispiel die Titelrolle des Königs Heinrich VIII. wird von Jan Mazák mit Betonung der Zivilistunmittelbarkeit gestaltet. Nicht einmal der schuftige mittelalterliche englische „Richelieu“, hier Kardinal Wolsey, in der wesentlich durchgebildeten Gestaltung von Ladislav Kolář, ist nur ein urplanmäßig konstruierter Intrigant – und so weiter könnten auch Vorzüge von anderen Gestalten angeführt werden: Lord William Sands in der suggestiven Darstellung von Jan Apolenář und andere. Es war keine Gestalt, deren Leistung nicht wertvoll wäre. Man muss doch die Königin Katharina erinnern: in dieser Rolle glänzte wie der Star erster Klasse Alena Antalová. Diese alle, auf der fast asketisch vereinfachten Szene mit gotischen Andeutungen, die von Jaroslav Milfajt entworfen wurde, in den Kostümen von Andrea Kučerová, mit musikalischem Hintergrund von Zdeněk Merta, erbrachten Leistungen, die der Einmaligkeit der Inszenierung adäquat waren. Und diese endet versöhnlich – mit der Anwesenheit eines wirklichen Wickelkindes im Wickeltuch, der zukünftigen Königin. „Das ist die wichtigste Botschaft des Spiels, dass obwohl der Mensch stirbt und sterblich ist, in seinen Kindern unsterblich bleibt“ ergänzte zu der Inszenierung der Regisseur Moša.
Was alles ist wahr über Heinrich VIII.?
Vladimír Čech 1. Dezember -1 zdroj Kam
An Shakespeares König Heinrich VIII. dachte man beim Stadttheater Brünn schon früher, aber schließlich reagierte man auf die vielfache geäußerten Wünsche der Brünner Gönner und nahm ins Repertoire Broadway-Musicals auf, die ursprünglich praktisch ausschließlich für den Export bestimmt gewesen waren. Und so kam das Schauspiel über den flatterhaften König erst Ende Februar an die Reihe (Premieren am 21. und 22.2. diesen Jahres). Diese Heinrichiade ist von einer Reihe Fragezeichen umgeben, und auch diese Einstudierung hat sie nicht bagatellisiert, eher im Gegenteil.
Am relativ belanglosesten erscheint die Frage, ob es sich hier um Shakespeares vorletztes Drama oder um das letzte überhaupt handelt. Die Shakespeare-Spezialisten streiten sich nichtsdestoweniger sogar um seine Autorschaft, und ihre Ansichten oszillieren zwischen den Extrempunkten „Autor ist allein Shakespeare” und „Shakespeare hat nicht einen Buchstaben davon geschrieben”. Die letztere, negative Einschätzung hängt wiederum mit der Beurteilung des Stücks zusammen, das angeblich eine Reihe von Schwächen aufweist, und eine solche umstrittene Qualität sei gleichsam des größten elisabethanischen Dramatikers nicht würdig. Am Ende ist noch nicht einmal ganz klar, unter welchem Namen das Werk zu seiner Zeit gespielt wurde. Viele sind der Ansicht, daß es auf der Bühne des Globe Theatre ursprünglich mit dem Titel „All Is True” aufgeführt wurde. So wird es in einem Gedicht zitiert, das über den Brand des Theaters verfaßt wurde, in welchem erwähnt wird, daß eine Vorstellung über Heinrich VIII. gespielt worden sei, wobei jede Strophe mit einer ironisierenden Paraphrase auf den Titel „All Is True” schließt. Zur Information der Leser sei nachgetragen, daß das Globe Theatre während einer Vorstellung am 29. Juni 1613 nach einem Kanonenschuß zu brennen begann, der das Eintreffen des Königs mit seinem Gefolge angekündigt hatte.
Und wie wurden bei der Inszenierung die genannten Fragen beantwortet? Mit „sowohl als auch”. Bei der Angabe des Autors finden wir neben Shakespeare den Namen seines Mitarbeiters John Fletcher (1579-1625) – die beiden haben gemeinsam angeblich wenigstens drei Stücke verfaßt, darunter „All Is True”. Und was den Titel angeht, so wurde wiederum ein Kompromiß gewählt in Gestalt von „KÖNIG HEINRICH VIII. (Alles ist wahr)”. Somit ist nur bei der Frage nach der Qualität des Textes und natürlich auch der Inszenierung jeder Zuschauer auf sich allein gestellt. Wie die erste Resonanz gezeigt hat, gehen auch hier die Ansichten auseinander.
Manch einen mag stören, daß es in der Aufführung wenig „Action” gibt, daß hier nicht direkt vor den Augen des Publikums etwa mit dem Dolch gemordet wird. Dem aufmerksamen Beobachter kann jedoch nicht entgehen, daß auch hier getötet wird, wenn auch eher mit Worten als direkt durch körperliche Gewalt. Verleumdungen, Anschuldigen, Konspirationen finden sich hier einfach auf Schritt und Tritt. In dieser Hinsicht mögen Sie sich sagen, wie aktuell der Text doch klingt, man bräuchte bloß die Namen auszuwechseln, die Umstände ein wenig zu verändern, und schon befänden wir uns in der Gegenwart. Nun ja, die Menschen sind halt im Grunde ihres Wesens immer die gleichen geblieben und werden es wohl auch bleiben.
Die Aufführung von „Heinrich VIII.” durch das Stadttheater Brünn stellt eine tschechische Premiere dar, obwohl die Übersetzung von Jiří Josek, die der Inszenierung zugrunde liegt (dramaturgische Bearbeitung Stanislav Moša und Jiří Záviš), bereits die vierte ist, die in unserem Land publiziert wurde. Daß „Heinrich VIII.” erst jetzt auf der Bühne erscheint, ist bis zu einem gewissen Grad einem Zusammenspiel von Zufällen zu verdanken, in bestimmten Zeiten mag aber auch sein Antiklerikalismus und die Furcht vor kirchlicher Zensur eine Rolle gespielt haben.
Persönlich bin ich davon überzeugt, daß Regisseur Stanislav Moša die Inszenierung gelungen ist, daß er es geschafft hat, den gewagten Schritt auf unbekanntes Terrain künstlerisch gebührend umzusetzen. Die Geschichte des noch relativ jungen Heinrich VIII. und seiner ersten Frau Katharina von Aragon, in ihrem zweiten Teil durchwirkt mit dem steilen Aufstieg der Anne Boleyn, hat, wie im übrigen das Leben selbst, ihre tragischen, aber auch ausgesprochen humorvollen Momente. Das Stück endet nicht pessimistisch, sondern eher mit einer Vision, mit der Prophezeiung einer Blüte Englands unter der Regierung Elisabeths I., der Nachfahrin des Königs und Anne Boleyns. Dem gastierenden Jaroslav Milfajt ist es großartig gelungen, der Inszenierung die gehörige Dosis Monumentalität zu geben, ohne daß er sich zu komplizierte Kolosse hätte ausdenken müssen. Eine im ganzen einfache, schlanke Säulenreihe und die über den Orchestergraben verlängerte Vorbühne erwecken den Eindruck einer geradezu „überraschenden Tiefe” der Bühne. Ein Einschlag von Erhabenheit fehlt auch nicht den Kostümen von Andrea Kučerová, bei denen ins Bräunliche gehende Töne und rote Farbe überwiegen. Eine wichtige Rolle spielt auch die Beleuchtung ebenso wie die unaufdringliche Musikkulisse von Zdenek Merta. Wenn man den verwendeten Text liest, der wie schon traditionell im dicken Programmheft enthalten ist, und sich im nachhinein vergegenwärtigt, was sich in diesem oder jenem Moment auf der Bühne abspielt, so kann man nur sagen, daß Stanislav Moša (und ebenso den gastierenden Vladimír Kloubek, zuständig für den choreographischen Teil) gehörig die Muse geküßt haben muß, wenn er auch den philosophierenden Sentenzen eine solche Bewegung geben konnte, wie wir es erleben durften. Die Aufführung ist sehr lebendig, theatralisch im echten Wortsinn, gedanklich tief, was aber auf der anderen Seite nach Komik verlangt. Das Stück zieht sich nicht in die Länge, auch wenn es mit einer einzigen Pause fast zweidreiviertel Stunden dauert, und wirkt in keinster Weise verstaubt. Es kulminiert auf seine Weise in drei gleichen Ritualen, wenn sich vom irdischen Leben nacheinander der Herzog von Buckingham, Kardinal Wolsey und die Königin Katharina verabschieden. Die genannten Protagonisten sterben mit zeremonieller Erhabenheit, legen ihre Perücken und auch einen Teil ihrer Kleidung ab, um bald darauf irgendwohin nach unten von der Bühne und aus dem Blickfeld des Publikums bewegt zu werden. Das suggestive Ausklingen wird allerdings durch die Tatsache geschmälert, und dies ist einer der ganz wenigen Vorwürfe, die der Regie gemacht werden müssen, daß die Entschlafenen anschließend wieder vor den Augen der Zuschauer auftauchen, wenn sie den Gang entlang hinter die Kulissen entfliehen, anstatt unwiederbringlich in irgendeiner Versenkung zu verschwinden, in der sie sich nicht mehr zur Schau stellen können.
Denkt man ein wenig über das Stück nach, so läßt es sich nicht rundweg als tragikomisch charakterisieren. Ein ausgesprochenes Happy-End hat es zwar nicht, sofern wir nicht die Vision eines erblühenden Englands unter Elisabeth I. als ein solches betrachten. Die Peripetien des Geschehens münden in eine gerechte Auflösung, das Böse wird im Grunde exemplarisch bestraft, ja sein größter Träger, Kardinal Wolsey, gelangt am Ende sogar zur Erkenntnis und nimmt sein schmähliches Los mit reuiger Demut hin. Auch der Bischof von Winchester, „sein Nachfolger”, kann schließlich nicht seine Ränke schmieden. Was kann sich also ein Verfechter der Wahrheit und Gerechtigkeit noch wünschen! Vielleicht nur das eine, daß auch die neuzeitlichen Gaunereien entsprechend enden mögen.
Shakespeare wäre nicht Shakespeare, wenn er den Schauspielern nicht herausragende Gelegenheiten geben würde, sich zu profilieren. Für Ladislav Kolář gehört der maliziöse Kardinal Wolsey sicherlich zu den Rollen seines Lebens – eine Verkörperung der Gefahr unter dem Mäntelchen der Schöntuerei und Frömmelei. Alena Antalová ist fraglos eine schwungvolle Königin Katharina, auch wenn ihr historisches Vorbild offenbar mit weiblichen Reizen nicht so reich gesegnet war. Ein ganz neues Gesicht in der Titelrolle ist Jan Mazák, auch wenn er schon seit April letzten Jahres dem Ensemble angehört. Soweit ich mich nicht irre, stammt er aus Kroměříž, spielte in Ostrava, anschließend in Hradec Králové, und von dort ist er jetzt nach Mähren zurückgekehrt. Sein Heinrich VIII. wirkt schon auf den ersten Blick zivil, gegenwärtig. Während die überwiegende Mehrzahl der auftretenden Akteure Perücken trägt, verzichtet er darauf. Kurzgeschnittene, leicht angegraute Haare, zu einer Igelfrisur nach hinten gekämmt, kein Bart – auch dies ist ein Grund dafür, warum Mazák optisch aus der Inszenierung hervorsticht. An diesen Heinrich VIII. muß sich der Zuschauer also auch „etwas gewöhnen”, auf keinen Fall haben wir es hier mit einem bekannten Typus Werich oder Burton zu tun. Womit nicht gesagt sein soll, daß Mazák nicht überzeugend wirkt.
Und noch eine Perle: am Ende des Stücks erscheint auf der Bühne auch Elisabeth I. – allerdings als neugeborenes Kind. Dieses Baby im Steckkissen ist Mazáks Sproß. Bei der Aufführung am Freitag, dem 5. März gab es nicht einen Laut von sich und bewegte nur die Ärmchen, als es vom Kegel des Scheinwerfers erfaßt wurde. Da konnte man auch raten, ob es sich nicht um eine Puppe mit irgendeinem raffinierten Mechanismus handelt. Aber bei der Premiere war angeblich das Schreien eines Säuglings zu hören. Wie zu sehen ist, gewöhnt sich so ein Würmchen unglaublich schnell an das Theater...
Aus der Vielzahl der Akteure sei wenigstens noch das Kommentatorduo Viktor Skála - Petr Štěpán alias Erster und Zweiter Mann erwähnt, ein Paar, das, wenn wir von dem permanenten „Spaßvogel” Erik Pardus absehen, der in der Figur des Herzogs von Norfolk zahllose Gelegenheiten gefunden hat, seine ansteckende Komik zum Einsatz zu bringen, sich rührig um die humorvollere Seite der Inszenierung kümmert. Am bloßen Körper tragen sie matte, abgewetzte Anzüge, auch sie sind ohne Perücken, wobei sie fast eine Art satirischen Chor bilden. Durch ihre Münder scheint voll die heutige Zeit zu sprechen. Ihren historischen Überblick geben diese beiden Herren in nachgerade sättigenden Portionen zum besten.
Es sei nur noch hinzugefügt, daß das Theater in der Lidická am ersten Freitag im März traditionell sehr gut besucht war. Der Applaus nach dieser Aufführung war mit Recht so groß, daß andere Ensembles hätten neidisch werden können, die auf eine solche Resonanz nicht einmal bei ihren Premieren treffen.
Heinrich VIII.
David Kroča 1. Dezember -1 zdroj ČRo, stanice Vltava
Das auf den tschechischen Bühnen noch nicht aufgeführte Spiel von William Shakespeare König Heinrich VIII. wurde am Wochenende im Stadttheater Brno aufgeführt. Der Direktor des Theaters und der Regisseur der Inszenierung Stanislav Moša entdeckte das Spiel für sich selbst vor zwei Jahren, wann ihm der bekannte Anglist und Übersetzer Jiří Josek die neue Übersetzung des Spiels widmete. Über die tschechische Erstaufführung des lang abgelehnten Schauspiels von Shakespeare spricht in seiner Rezension unser Mitarbeiter in Brno David Kroča.
Um das vom Stadttheater Brno unter dem Titel König Heinrich VIII. aufgeführte Spiel herum schwebt nicht nur eine, sondern gleich mehrere Wolken der Geheimnisse. Einige Experten behaupten, dass der Autor dieses Spiels gar nicht Shakespeare ist, die anderen führen an, dass es sein bester dramatischer Text ist. Die Dramaturgen der Inszenierung Jiří Záviš und Ladislav Stýblo wählten den goldenen Mittelweg aus, wenn sie zuließen, dass das Spiel zwei Autoren hat. Neben Shakespeare führen sie den englischen Dramatiker John Fletcher wie Mitautor an, der an der Verfassung von einigen nicht so wesentlichen Situationen angeblich teilnahm. Interessant ist auch die Frage, weil das Spiel bei uns bisher noch nicht aufgeführt wurde. Die Dramaturgie erklärt es im Programm damit, dass es Anfangs vorigen Jahrhunderts, wann die Übersetzung von Antonín Klášterský entstand, für ein zu viel kirchenfeindlichen Spiel gehalten wurde.
Heute gesehen, das Spiel überrascht, insoweit es in den Prinzipienthemen aktuell ist und wie es mit verschiedenen Metaphern und alten Ritualen ausgeschmückt ist. Im Spiel fehlt auch eine reiche Handlung, an die wir bei diesem elizabethanischen Dramatiker gewöhnt sind. Die einfache Komposition wird durch eine Kette von Intrigen, Aufstiegen und Abstürzen gebildet, zu den auf dem Hof des englischen König Heinrich VIII. Tudor kommt. Das erste Opfer der höfischen Kabalen ist der Herzog von Buckingham, der mit Beihilfe des Kardinals Wolsey hingerichtet wird, dann folgt das durch die Scheidung und den unehrenhaften Tod gekrönte bittere Schicksal der Königin Katharina, und schließlich kommt auch der Kardinal an die Reihe, dem seine eigene Betrügereien den Hals brechen. Der Regisseur Stanislav Moša inszeniert diese Abstürze der Mächtigen bei der Verwendung von den wiederkehrenden Ritualen. Nach dem zeremoniellen Fußwaschen und ihren letzten Monologen verschwinden die Gestalten aus der Szene, bildlich sowie wörtlich: mit Beihilfe von zwei Männern, die wie Erzähler funktionieren, fliegen die Gestalten symbolisch unter die Zuschauer herab.
Das Finale der Inszenierung klingt trotzt den vorigen tragischen Schicksalen optimistisch aus. Der König mit den Höflingen begrüßen auf der Welt die gerade geborene Prinzessin Elizabeth, mit der auch die Hoffnung für das ganze England kommt, die – wie wir heute aus der Geschichte wissen – nicht unerfüllt bleibt. Der Regisseur ließ einen wirklichen Neugeborenen auf die Bühne bringen, was einerseits die emotionelle Wirksamkeit des Abschlusses erhöhte, anderseits auch wie Gefühlserpressung wirken konnte. Der Grund der Regiekonzeption von Moša ist doch keiner Neugeborene auf der Bühne, sondern ein durchgedachtes Spiel mit Symbolen, Archetypen und Effekt der Entwendung. Auf der Szene von Jaroslav Milfajt stehen nur zwei von Blech belegte Säulen und zwei verbundene königliche Throne, in den sich, wie in einem Spiegel, die deformierten Silhouetten der Gestalten widerspiegeln. Die traditionelle Symbolik der Farben, insbesondere von Rot, Schwarz und Weiß, wird in den Kostümen von Alena Kučerová ausgenutzt. Jede Gestalt trägt einen langen Ledermantel und unter diesem einen gestrickten Kittel in demselben Farbton, was mit einer gewissen permanenten Noblesse wirkt.
Die beste Leistung bei der Erstaufführung erbrachte doch Ladislav Kolář in der Rolle vom Kardinal Wolsey. Zuerst bat er eine ausgezeichnete Studie eines Intrigantes an, der den Menschen mit einem liebvollen Lächeln ins Gesicht lügt, später auch ein wirkungsvolles Bild eines Wracks, der von eigenen Ambitionen und Ehrgeiz zu Tode gequält ist. Auch Viktor Skála und Petr Stěpán in den Rollen des Ersten und Zweiten Mannes verdienen sich, erwähnt zu sein. Es sind die erwähnten Figuren der Erzähler, deren der Regisseur auch die denkbare Rolle der Provokateure zusprach. Gerade dank diesen Gestalten hat die beinahe dreistündige Inszenierung permanentes Tempo und Spannung.
Die tschechische Erstaufführung von König Heinrich VIII. zeigte, dass der Text von Shakespeare bei uns für lange Jahren zu Unrecht unterließ war. Es handelt sich um ein sehenswürdiges Schauspiel, in dem sich die aktuellen Gesellschaftsthemen sowie politische Themen mit individuellen Menschenschicksalen, die zu einer überzeitlichen Botschaft über die Grenzen der menschlichen Würde zielen, durchdringen Das Stadttheater Brno gewann so in den Spielplan der Titel, der den Zuschauern nicht eine Überraschung vorbereiten wird.
Alles ist wirklich wahr
Jaroslav Parma 1. Dezember -1 zdroj Informationsmonatsschrift der Stadt Blansko
Obwohl schon im Jahre 1870 die erste tschechische Übersetzung (Josef Čejka) des Spiels „König Heinrich VIII:“ von den Autoren William Shakespeare und John Fletcher herausgegeben wurde, wurde es nie auf den tschechischen Bühnen aufgeführt. Namentlich: diese Behauptung war bis zum 21. Februar dieses Jahres gültig, wann im Stadttheater Brno seine Erstausführung stattfand, und zwar in der Regie von Stanislav Moša, für den das Drama ein großes Ziel zur Aufführung darstellte. „König Heinrich VIII.“ ist wahrscheinlich ein der letzten Schauspielen des berühmten Dramatikers, vom zweiten angeführten Autor, um 15 Jahre jüngeren John Fletcher, wurde das Spiel wahrscheinlich nur bearbeitet, wie es von Experten nachgewiesen wird. Der Titel des Spiels könnte zu Vermutungen führen, dass es sich um eine biographische Auffassung des berühmten Königs handelt, aber der Untertitel „Alles ist wahr“ zielt ein wenig anderswohin. Der Inhalt des Spiels stütz sich zwar um die Episoden der Beziehungen des Königs Heinrich und seiner zwei Ehefrauen, Katharina und Anna Boley, auf, aber diese stellen nur einen Vorwand dar, damit tiefere Ansichte in Menschenseelen entwickelt werden können. Obwohl seit der ersten Aufführung schon mehr als 390 Jahren verliefen, ist es ein ganz gegenwärtiges, lebendiges, die Menschencharaktere ohne Nachsicht entdeckendes Spiel. Ganz sicher trägt dazu auch die neue Übersetzung von Jiří Josek (St. Moša: „Ich habe sie in einem Atemzug gelesen und wusste, dass sie auf die Szene kommen muss“), die durch den Regisseur und auch Dramaturgen Jiří Záviš adaptiert wurde. Weil es vor allem ein Spiel über Menschen ist, sind die Darsteller der Rollen im Programm intraditionell auf erster Stelle angeführt; was werde ich erhalten: Jan Mazák in der Titelrolle ist zivil, die Gefühle des Königs sowie seine Sehnsucht zu herrschen gibt er keineswegs vor, Alena Antalová drückt die Gefühle der berühmten sowie abgelehnten Königin Katharina genau aus, Veronika Poláčková (Studentin von Janacek Akademie der musischen Künste, sie alterniert mit der Studienkollegin Eva Ventrubová) begleitet empfindlich Anna Boley durch ihr Schicksal, Igor Ondříček (er alterniert mit Petr Gazdík) weißt zu unterscheiden, was der Herzog von Buckingham oder Erzbischof Cranmer durchleben, Ladislav Kolář gab seinem Kardinal Wolsey Grausamkeit und Schmeichelei, auch Erik Pardus läuft mit dem Herzog von Norfolk große Entwicklung der Gestalt durch. Durch ein Zusammentreffen von Umständen trafen sich wieder wie ein sich ergänzendes Paar Viktor Skála und Petr Štěpán und sie entledigten sich ihren Verpflichtungen von Kommentatoren ausgezeichnet.
Dasselbe gilt auch für die anderen, die auch in mehreren Rollen auftreten, z.B. Karel Jánský, Stano Slovák (noch dazu Assistent der Regie), Ján Jackuliak, Jan Apolenář, Tomáš Sagher, Pavla Ptáčková, Miroslava Kolářová und andere. (Die angeführte Besetzung ist aus der Erstaufführung vom 21.02.). Die wirkungsvolle Szene wurde von Jaroslav Milfajt a.G. entworfen, die Kostüme, die die Atmosphäre des Spielswesens einführen, wurden von Alena Kučerová geschaffen. Die Bewegungszusammenarbeit Vladimír Koubek a.G., Musik Zdeněk Merta. Wenn ich mich nicht irre, wird sich „König Heinrich VIII.“ für lange Zeit auf den Thron des Zuschauerinteresses setzen. Es ist sehr gut, dass das Zusammentreffen mit Heinrich für Stanisalv Moša die „Liebe auf dem ersten Lesen“ war.