Černín malte den Sturm wie ein Bild der Rache und Versöhnung
Simona Polcarová 30. Mai 2005 zdroj Rovnost
Die Blitze folgen den grollenden Donner, auf der stürmischen See schwankt die vornehme Mannschaft heftig auf dem Schiff, zwischen den Seilen. Prospero bringt seinen Akt der Rache und Versöhnung voll. Der Sturm wurde doch nicht nur von ihm entfesselt, sondern auch vom Regisseur Zdeněk Černín in der ersten dramatischen Inszenierung auf der neuen Szene des Stadttheaters Brno. Die Uraufführung fand am Freitag, den 27.Mai statt.
Černín gelang es, den Shakespeares weitausladenden Sturm, in dem die Schicksale des einmal verratenen Prospero, seiner unschuldigen Tochter Miranda, des verknechteten Caliban, des zaubernden Geistes Ariel im Diensten von Prospero sowie der Gruppe der Schiffbrüchigen mit Prosperos Bruder Alonso an der Spitze auf einer wüsten Insel (in der Dramaturgie von Viktor Kudělka und Ladislav Stýblo) abspielen, in wenig als zwei Stunden und ohne Pause hineinzuzwängen. Er fasste den Titel vor allem wie das Spiel über Verrat und Verzeihung auf, wobei er die grundlegenden Momente des Dramas nicht überging.
Es ist zu erkennen, dass auf den Stellen, wo die Handlung mäßig hinkt, setzte Černín auf die Einbildungskraft. In seiner Auffassung wird die Prosperos Insel in der behexenden Szene von Jan Dušek sowie im Spiel von Licht und Schatten zu einer wirklich mystischen Stelle, voll von Zaubern und faszinierenden visuellen Erscheinungen. Die geschwollenen Segel ändern sich in See und dann in friedliches Festland der Insel, die Schiffssilhouette in Horizont, fernab scheinen die Palmen durch. Die Zaubern von Ariel werden auch von dem wirkungsvollen Schattenspiel und Tanzintermezzen (Choreographie von Libor Vaculík), einschließlich der Bewegungsgestaltung des verlorenen Paradieses (in dem Černín auf die absolute „unschuldige“ Nacktheit der Schauspieler nicht verzichtete, was ihm wahrscheinlich die Kritiker nicht verzeihen werden) begleitet.
Was die Schauspielkunst betrifft, haben nur einige Gestalten im Sturm von Černín die Gelegenheit zu glänzen, die anderen beleiben notwendige, sondern nicht außerordentliche Figuren im begonnen Spiel (Ferdinand von Alan Novotný). Würdevoll gestaltete seinen Prospero Zdeněk Junák, in der philosophischen Lage ungewöhnlich, jedoch genug überzeugend. Trinculo mit Stephano boten an Erik Pardus und Martin Havelka viele Gelegenheiten zu Witzen, Scherzen, zur falschen Demonstration der fingierten Kraftmeierei und zu einer Pleiade der Alkoholikergrimassen. Die stille Trauer sowie ein gewisses Geheimnis trug in sich der bezaubernde Ariel von dem bezwingenden Lukáš Hejlík.
Die unbestreitbare Devise des Sturms im Stadttheater Brno besteht in der neuen Übersetzung von Jiří Josek, dessen Versen nichts aus ihrer Leichtigkeit verlieren und trotzdem ausreichendes Gewicht haben. Dank Josek bleibt die Shakespeares Sprache immer aktuell, saftig und lebendig.
Der Sturm – von Shakespeare, Černín oder Prospero?
Josef Meszáros 30. Mai 2005 zdroj Scena cz
Prospero: Versuchen Sie mal auch frei zu leben!
Von dem Sturm im Stadttheater Brno kann der Zuschauer sicher die Romantik erwarten. Er wurde reinigend und voll von Zaubern in der Paradiesumgebung der Bühneninsel von dem Ensemble des Regisseurs Zdeněk Černín einstudiert. Jenes berauschende Glück strahlt und strömt dank der Ausstattung von Jan Dušek, sowie auch dank der Choreographie von Libor Vaculík und der Musik von David Rotter. Wenn wir zu der Anfangsfrage zurückkehren, von wem der Sturm in Brno eigentlich ist – es ist zu ergänzen, dass er auch von Josek sein kann. Der Übersetzer Jiří Josek übersetzte den Text neu, gerade für diese Einstudierung. Es entstand so eine reine Übersetzung, aber nicht so viel spritzig. Der Regisseur Zdeněk Černín konzentriert sich in seiner Adaptierung des Sturms auf die Themen der Liebe, Dummheit, Sehnsucht nach Gerechtigkeit und Versöhnung. Alle Emotionen und Gefühle wirbeln wie die Naturgewalten im szenischen Kessel oder auch in der Arena des Bühnenbildners Jan Dušek. Drei Schichten der Szene können auch wie Höhle, Erde und Himmel oder drei Elemente Feuer, Wasser und Wind erklärt werden.
Die Musik von David Rotter bietet rhythmische Genauigkeit der Inländer, Blasinstrumente für Zauber und Geheimnisvolle, aber auch wunderliche Harmonie, zum Beispiel wenn die Phantome den Tisch decken. In der ähnlichen dramatischen Spannung und Harmonie ist auch die Choreographie von Libor Vaculík. Dieser bietet den Tanz der Phantome, Kämpfer und Geister. Am wirkungsvollste ist aber der Tanz des verlorenen Paradieses. Bei diesem setzte sich auch die Technik der neuen Musikszene beträchtlich durch – grüner Laser, der das Fruchtbarkeitssymbol oder das Symbol der verbotenen Früchte evoziert.
Die ganze Inszenierung steht an der Zentralgestalt von Prospero. In der Darbietung von Zdeněk Junák ist diese Gestalt fast mäßig, was den Ausdruck betrifft. Junák unterstreicht nur einige Emotionen mit der Geste der Hand und mit Hebung der Stimme. Zusammen mit ihm gehören zu den drei Inselbewohnern Caliban (Ján Jackuliak) und Ariel (Lukáš Hejlík). Ján Jackuliak hat ausreichende Primitivität und Eingeborenheit. Sein schwacher slowakischer Akzent kann gerade aus diesen Gründen verziehen werden. Die Bewunderung verdienen vor allem seine Bewegungskreationen. Dagegen Ariel von Lukáš Hejlík ist dezent und graziös. Nach seiner Darbietung von Lac, Franck und Treplev bildet er eine weitere interessante Gestalt aus, der der Minimalismus und damit größere Spannung dominiert. Aus den anderen Leistungen ist Miranda von Jitka Čvančarová, insbesondere ihre Unmittelbarkeit und edelmütige Reinheit der Rede wert. Unbeachtet bleiben nicht einmal Trinculo von Erik Pardus und Stephano von Martin Havelka. Beide geräuschsvoll und genug dumm bilden auf der Bühne dank dem Text possenhafte Nummer.
Und wie der Sturm aus Brno eigentlich ist? Er sollte sicher gesehen werden. Und wie Prospero im Epilog, schon in Zivilkleidung, wann er den Mantel über Schulter überhängt und den Hut aufsetzt, sagt: „Versuchen Sie mal auch frei zu leben!“. Und geht die Treppe im Zuschauerraum hinauf und verschwindet...
Gut bewältigter Sturm
1. Dezember -1 zdroj Zpravodaj Blanska
Das Stadttheater Brno, das Den Sturm zum 60. Jubiläum der Gründung des Theaters in der Regie von Zdeněk Černín (wie das erste Schauspiel auf der neuen Musikszene) aufführt, bat Jiří Josek um die Übersetzung, was sich sicher lohnte.
Das Drama Der Sturm hat zwar eine eigene Handlung, es ist aber vor allem das Spiel über Macht, Liebe und auch über Verzeihung und Sühnung. Als ob schon die Anfangsschallempfindung den Zuschauer aus der Gegenwart wecken würde und ihn zum sorgfältigen Verfolgen von den von Schauspielern kommenden Wörtern auffordern würde. Die Leitpersönlichkeit des Spiels, Prospero, ist eine weitere große Gestalt, die auf dieser Szene Zdeněk Junák dargestellt hat. Prospero ist mitleidslos, sondern auch gefühlvoll. Insbesondere in den Szenen mit Caliban, ausgezeichnet von Ján Jackuliak dargestellt, sind seine Meinungen beredt, sowie bei Treffen mit Ariel, Luftgeist. Diese schwierige Aufgabe wurde von Lukáš Hejlík gut bewältigt. Mit den Hauptgestalten klingt die Schauspielerkunst von Jitka Čvančarová in der Rolle von Mirinda mit. Der Sturm beschäftigt viele Akteure und es ist hier keine schwache Stelle zu finden. Die Inszenierung wird von der Musik von David Rotter begleitet, die Szene und Kostüme sind das Werk von Jan Dušek, die Choreographie von Libor Vaculík.
Der Sturm, Spiel an der Grenze zwischen Realität und Traum, fordert zum Nachdenken, auf. Und es ist gut.