Mozart wie ein Popmusical - In einem eleganten Gewand
Patrik Fridrichovský 10. November 2009 zdroj Theaterzeitung
(Wenn das Herz, sowie die Vernunft der Autoren für das Musical schlagen)
Die gelungenen Musicals aus der Werkstatt von Michael Kunze und Sylvester Levay wurden von den tschechischen Musicalliebhabern vor allem in Wien oder Budapest besucht, und zwar mit einer einzigen Frage: Wann wird man endlich gelingen, diese ambitiösen und dabei für die Zuschauer attraktiven Musicals auf einer heimischen Bühne vorzustellen? Welches Theater wird den Mut fassen, diese schwierige Aufgabe zu realisieren?
Die heimischen Kommerzbühnen kennen keine so sophistizierte Einstellung. Sie fürchten noch immer, dass solche Investition nicht zu jenen sicheren gehören würde. Die unabhängigen Theater können dann kein riesiges Produktionspotential sammeln, das für ähnliche Inszenierungen hinter unseren Grenzen üblich ist.
Eine stichhaltige Antwort wurde dann diesjährige Saison vom Stadttheaters Brno vorgelegt. Die raubgierige Dramaturgie in Brno machte einen bedachtsamen Zug – in der Schachterminologie ausgedrückt. Mozart ist eine ausreichend bekannte und interessante „Kunstfigur“ auch für den tschechischen Zuschauer, also es gibt keinen Grund, warum es nicht probiert sein sollte.
Popidol und Porzellangenius
Stellen wir uns die Frage, wie ein Musical über den genialen Komponisten geschrieben sein sollte, dessen Leben und Werk jeder von uns halbwegs kennt, mindestens aus dem Hollywoodfilm des tschechischen Filmregisseurs. Über den Klassiker, den sich die Tschechen dadurch zueignen, dass seinen Namen nur mit „Z“ inmitten aussprechen.
Zum ersten wäre es falsch zu glauben, dass es sich um eine weitere bibliographische Geschichte handelt. Vom Anfang an stellen sich die Autoren die philosophischen Fragen: Was für eine Beziehung war zwischen dem Genius und seinem autoritativen Vater? Wo endet die Freiheit des Künstlers und wo beginnt die Manipulation? Im Grunddreieck des Dramas stehen also Leopold Mozart und sein Sohn, der in die Figur von Mozart und Amadeus zersplittert ist. Mozart als ein Mensch außerhalb der üblichen Grenzen, Popidol mit den Eigenschaften eines üblichen Menschen, der von einem „kleinen Porzellangenius“ begleitet wird. Dieser zeigt sein unschuldiges Gesicht eines Genius, anstelle dessen nur seine Musik spricht.
Schon aus dieser kurzen Beschreibung ist es klar, dass der auf übliche Unterhaltung vorbereitete Zuschauer seine Sinne ein bisschen mehr anspannen soll. Die Autoren wollen ihn doch nicht langweilen oder um jeden Preis schulen. Wir bewegen uns immer in den Grenzen eines Musicaltheaters. Und gerade hier ist ein anderer raffinierter und sehr wirkungsvoller Autorentrick zu sehen. Von wenigen Ausnahmen abgesehen verwenden die Autoren die originelle, für das Musical komponierte Musik, die für die ganze Dauer der Vorstellung wie der Motor der dramatischen Handlung dient; hie und da blick eine Melodie auf und dann kehrt die Musik wieder zu der dramatischen Funktionalität demütig zurück. Einige Hits scheinen, aus dem Repertoire des österreichischen Sängers Falco zu stammen, was im Zusammenhang mit dem Schicksals dieses bekannten Sängers interessante, a la´ Mozart gestimmte Konnotationen anbietet. Rechneten die Autoren damit? Die Orchestrierung kombiniert witzig die symphonischen Farben mit der Elektronik, sie paraphrasiert die klassizistischen Techniken (man spielt über Mozart!), sie wehrt sich doch nicht einmal vor geschliffenen Rocktönen. Also ungewöhnlich anspruchvolle Aufgaben für das Orchester.
Wie es schon gesagt wurde, der Kernpunkt dieses Drama-Musicals besteht in der Erzählung der Geschichte. Die tschechische Umdichtung ist die Arbeit von Michael Prostějovský. Für das Stadttheater Brno übersetzte er schon eine ganze Reihe von Weltmusicals, trotzdem ist Mozart! in seiner Karriere des Texters ein interessantes Stück. Es ist zu sehen, dass er sich im Deutschen sowie im Tschechischen mit sichtbarer Leichtigkeit und Sicherheit bewegt. Er kann sich dann erlauben, mit Sprachumtausch des Tschechischen und des Deutschen zu spielen, einen „Wiener Leckerbissen“ in ironischer Chornummer Hier in Wien anzubieten.
Die Inszenierung kann vor allem aus weitem und ausgewogenem Vorrat an Musicaltalente für Hauptgestalten und aus der eingespielten Company schöpfen. Mozart in der Darbietung von Aleš Slanina ist für die ganze Zeit das Zugpferd der Inszenierung; zu einer solchen Rolle ist es neben Talent und notweniger schauspielerischer Kunst noch eine gute Dose der athletischen Vorbereitung nötig. Nicht einmal die anderen bleiben zurück, zum Beispiel die Leistungen von Michal Šebek in der Gestalt des Vaters Leopold oder von Jana Musilová in der Gestalt der Baronesse von Waldstätten verdienen erwähnt zu sein.
Es ist doch gut, über diese Inszenierung wie über eine Gesamtheit zu sprechen, die aus vielen Bestandteilen zusammengestellt ist; und diese Bestandteile funktionieren unvernehmbar und trotzdem eingehend. Für Stano Slovák ist Mozart! seine erste größere Erfahrung mit der Regie, und gleich mit der Regie für Erwachsene - mit klarer Konzeption und Stil und in scheinbar einfachen Dekorationen von Jaroslav Milfajt, der die Aktion und den Rhythmus der Inszenierung in einem Set von geometrischen Durchblicken zielbewusst nachbildet. Von den Kostümen von Andrea Kučerová erwartete man ganz sicher, dass sie die Atmosphäre der Mozarts Zeit hervorheben. Und der Zuschauer kriegt es wirklich, zum Beispiel wenn die einfallsreichen Phantasiefiguren in der Szene der Zauberflöte defilieren.
Auf dem tschechischen Debüt des Musicals Mozart! ist das Wertvollste, dass es im Stadttheater überhaupt aufgeführt wurde. Im Vergleich mit der Inszenierung, die zum Beispiel bei der Premiere in Wien zu sehen war, spielt es sicher nicht die zweite Geige. Bei einem so anspruchvollen Stück ist es eine angenehme Konstatierung. Das Stadttheater Brno macht Mozart! auf seine eigene Weise – mit genug ausgereiften Ensemble, das diese schwierige Inszenierung mit Stolz bewältigt. Man kann es auch als ein Versprechen für die Zukunft nehmen. In den letzten Jahrzehnten war das Wiener Musical eine interessante Alternative zu vielmehr lauteren Erfolgen aus London und Broadway. Und in Brno wurde so vielleicht eine neue Etappe der interessanten Arbeit begonnen.
Sukzess des Monats: Michael Kunze, Sylvester Levay: Mozart!
Theaterzeitung 3. November 2009
Stadttheater Brno, Musikeinstudierung Caspar Richter, Regie Stano Slovák.
Mit der Aufführung des Musicals Mozart! überschritten das Stadttheater Brno und damit auch die hiesige Musicalszene ihre einseitige Orientierung auf Broadway und West End. Das durch die besten Musicals belehrte Stück geht vom mitteleuropäischen Kontext aus, darüber hinaus zeichnet sich es durch das Übergriffsthema eines Genius aus, der sein normales Leben inmitten der banalen Mehrheitsgesellschaft lebt. Mošas Ensemble maß dabei seine Kräfte auf einer der technisch anspruchvollsten Partituren, die in diesem Bereich je geschrieben wurde, und zwar mit Ehre. Mozart! ist ein außerordentliches Werk und seine Aufführung wurde zu einem außergewöhnlichen Ereignis.
Mozart! nach 242 Jahren zurück in Brno
Vítězslav Sladký 18. Oktober 2009 zdroj www.musical-opereta.cz
Gleich am Anfang der diesjährigen Theatersaison ließ sich das Stadttheater Brno mit einem historisch bedeutenden dramaturgischen Ereignis blicken, wenn es wie das erste in Tschechien das Musical aus der Werkstatt des Autorentandems Michael Kunze - Sylvester Levay auf seiner Musikbühne aufführte. Des Tandems, das in ganz Europa und Asien riesenberühmt, etwa weniger erfolgreich auf Broadway und beinahe unbekannt bei uns ist. Falls sich der übliche tschechische Zuschauer an etwas aus ihren Musicalwerken erinnert (die beiden sind Autoren von einigen zehn Hits für unterschiedlichste Interpreten), wird es wahrscheinlich der Titelsong aus dem Musical Elisabeth sein, den mit dem Titel „Já chci být jen svá“ und in der tschechischen Übersetzung von Zdenek Borovec von Leona Machálková gesungen wurde; sie stellte ihn auch als das erste Lied auf ihr Album Leona - Film und Musical aus dem Jahre 1998. Deshalb war es an der Zeit, die Absenz einer so interessanten und erfolgreichen Produktion auf unserer Szene zu beenden. Die Prager Theater verscherzten leider ihre große Chance und auch weiterhin geben sie die Gelegenheit den Musicals von einigen heimischen Autorenteams, manchmal von mittelmäßiger Produktion. Seine Gelegenheit nutzte so das Stadttheater Brno aus, und wie schon mehrmals, fischte es diesen attraktiven Stoff den andren Produzenten geschickt ab.
Viele Jahre hörte ich: "Warum sollten wir Kunzes Musicals aufführen, sie würden hier nicht besucht sein..." Ein Irrtum - sie sind genug szenisch attraktiv, professionell ausgezeichnet ausgebaut, mit einer Reihe von Hits, von denen wir manchmal nicht wissen, dass sie aus der Musicaldiskografie stammen. Darüber hinaus haben ihre Gestalten oft auch eine historische Beziehung zu der tschechischen Zuschauergemeinde - vielleicht jeder kennt die Schicksale der Kaiserin Sissi aus Büchern und Filmen (Elisabeth), der Roman Rebecca von Daphne du Maurier gehört zu den Schätzen der romantischen Literatur (Rebecca das Musical) und Wolfgang Amadeus Mozart (Mozart!) hielt sich nicht nur in Prag auf, sondern als Kind auch in Mähren. Die Bischoffstadt Olmütz gewährte der Familie das Asyl in der Zeit, wann beide Geschwister, Wolfgang sowie Nannerl, krank wurden und sich in der Pflege eines hohen Kirchenwürdigenträger befanden. Der elfjährige Komponist komponierte dort seine sechste Symphonie F Dur (KV 43), Olmützer Symphonie genannt. Am Heiligen Abend geriet die Familie Mozart nach Brno und am 30. Dezember 1767 traten die "Wundergeschwister" sogar am Konzert im damaligen Stadttheater in Zelný trh auf. Von dieser Sicht kehrt Mozart nach 242 Jahren in den Tatort zurück...
Kunze und Levay schreiben keine "Lyricals", wie es auf unserer Szene gewöhnlich ist. Sie selbst nennen sich die Autoren des "Drama-Musicals", wobei diese Bezeichnung kein Synonym für das Drama, sondern ehr für die dramatische Konstruktion des Werks ist. Ihre Titel, die eine reale historische Gestalt meistens reflektieren, sind überraschend nicht biographisch und verfolgen nur eine gewisse Lebenslinie der ausgewählten Persönlichkeit, und zwar mit Hilfe einer einfallsreich geschriebenen Handlungsachse. Es scheint, dass Michael Kunze einen eigenartigen Autorenstil hergestellt hat, wenn er die Titelgestalten mit einer imaginären oder fiktiven Gestalt beinahe jedes Mal konfrontiert. In Elisabeth stellt diesen Partner sowie den Gegenpol der Kaiserin Elisabeth der attraktive Tod (oder eigentlich der Schicksal), in Marie Antoinette das "Revolutionskind", die arme Margrid Arnaud, und in Mozart die "Vollkommenheit", durch die Figur des Amadeus aus Porzellan dargestellt, dar. Es ist neu und klug. Dabei ignoriert Michael Kunze in Mozart zum Beispiel seinen bekannten (und vielleicht auch unnötig größer gemachten) Konflikt mit Antonio Salieri, seinem Konkurrent. Vielleicht nur wie eine Probe der Zuschaueraufmerksamkeit ordneten die Autoren des Musicals Salieri unter die Chormitglieder am Anfang der ersten und zweiten Handlung ein. Symbolisieren sie vielleicht damit die unvergleichbare Generationsbedeutung der Werke von diesen beiden Rivalen...? Im gewählten Konzept schildern sie Mozart vor allem wie einen Mensch - genialen, aber verletzbaren, missbräuchlichen, verliebten, ungehorsamen, wie einen Superstar, Träumer sowie Spieler...
Es ist nicht nötig zu vertuschen, dass Elisabeth, das erste Musical-Megaerfolg von Kunze und Levay, musikalisch einfallsreicher und reicher ist. Ebenso die Bezeichnung "Rockmusical" ist nicht ganz genau - für einen Rockteil kann nur der Part von Wolfgang Amadeus gehalten sein, und zwar im Rahmen dieses Genres in seiner zärtlicheren Lage. Sonst ist die Partitur eher eine Popoper. Mit seiner Form kommt das Musical dem Singspiel nahe - ich bin wieder überzeugt, dass es ganz absichtlich ist; das Singspiel entwickelte sich im 18. Jahrhundert wie eine Form der Oper, die die gesungenen, mit kürzeren Rezitativen ergänzten Nummer enthält. Auch wenn ein paar Musiknummer den ein bisschen universalen "deutschen Pop" repräsentiert, die meisten von diesen sind sehr gelungen, melodisch dankbar und gut bemerkbar. Unter den hinreißenden Chorszenen ragt gleich die erste hervor, "Was für einen Sohn", die auf den Prolog kontinuierlich anschließt, dessen Bestandteil auch der Schluss der dritten Variation D-Dur für Klavier aus dem Vermächtnis des berühmten Amadeus ist und dessen Motiv sich im Musical noch wiederholt. In den Choren der zweiten Handlung sind auch die Gospelelementen zu finden. Von den Chorliedern werden ganz sicher die Aufmerksamkeit der Zuschauer die Arien von Mozart, seines Vaters Leopold oder die wunderschöne Erzählung der Baronesse von Waldstätten, im Kontrast mit den Couplets der Familie Weber und Emanuel Schikaneder die fesseln. Natürlich habe ich mehrmals die Frage gehört, ob die Musik von Mozart in diesem Werk nicht öfter lauten sollte, aber für solche Selbstzweckmäßigkeit finde ich keinen Grund - der Zuschauer besucht doch die Inszenierung von Levay und nicht Mozart.
Der Inszenierungsauffassung widmet sich in einer umfangreichen Rezension schon unser ständiger Mitarbeiter Doc. Peter Stoličný. Deshalb nur in aller Kürze. Der Regisseur Stano Slovák sowie die beiden Bildner dienten dem Werk ausgezeichnet - im guten Sinn des Wortes, ohne oft gesehene persönliche Exhibition. Alle Szenen sind sehr sorgfältig und zweckmäßig ausgebaut. Stanislav Slovák kam in der Zusammenarbeit mit dem Choreographen Igor Barberić vom Klebezettel des Regisseurs von ein bisschen statischen Bildern los und die beiden setzen die Darsteller der Hauptgestalten sowie die große Company märchenhaft in die Bewegung. Gegenüber der Wiener Version wurden in der Inszenierung in Brno einige kleine Änderungen gemacht, zum Beispiel Schikaneders Lied wurde in die zweite Handlung verschoben und die Reminiszenz auf Mozarts Requiem erscheint ganz logisch erst am Ende des Stücks - es ist doch eine allgemein bekante Tatsache, dass es von dem früh verstorbenen Komponist nicht mehr beendet wurde (er starb in seinen fünfunddreißig Jahren, angeblich wegen der Entzündung der Nierenpfanne, auch wenn man lange darüber spekulierte, dass er von Salieri vergiftet wurde).
Eine andere Devise der Inszenierung ist ihre bildnerische Lösung, in der Logik, Anmut oder Witz nicht fehlen (die von Andrea Kučerová ausgezeichnet kostümierte kurze Passage aus Der Zauberflöte). Der Szene von Jaroslav Milfajt dominiert ganz logisch die rote Farbe, was die beliebteste Farbe der Innenräume, und nicht nur von diesen, in der Zeit des Klassizismus war - auch Mozart selbst ist auf einer Reihe von historischen Bildern in einem roten Kostüm abgebildet. Die Kuckfenster geben dann dem Zuschauer den Raum für seine Vorstellungskraft.
Die durchaus überzeugende Leistung führte während der zweiten Premiere das Orchester des Stadttheaters Brno unter der Führung des Dirigenten František Šterbák vor. Der genannte Dirigent ist auch unter der ganzen Musikeinstudierung unterschrieben, welche noch von Caspar Richter, Kenner der Musik von Levay und pedantischer "Techniker" unter den Dirigenten, überwacht wurde. Vielleicht das größte Lob gehört diesmal dem Chormeister Karel Škarka, der im großen Zeitdruck das Chor zu einer sehr präzisen Aufführung führte; bei der zweiten Premiere wurde der Part mit schwierigen Eintritten und nicht einfachen Mehrklängen von der Company wirklich ausgezeichnet und mit der zur Vollkommenheit gebrachten Dynamik gesungen.
Bei der zweiten Premiere bekam die Gelegenheit, die Titelgestalt darzustellen, Aleš Slanina, zu diesem Zeitpunkt Darsteller von kleineren Gestalten, wenn wir Fernand aus der Operette Mamzelle Nitouche und den Prinz in Schneewittchen nicht zählen. Diese anscheinend riskante Auswahl zeigte sich, ein guter Schritt zu sein - der genannte Schauspieler nahm den hingeworfenen Handschuh an und überraschte nicht nur mit sehr guter sängerischer Leistung, sondern vor allem mit der ausgezeichnet gespielten Menge von Emotionen in der Kleidung eines unbändigen und frechen Teenagers. Seinen Szenen verlieh er unüberwindliche Energie und beinahe ständige Bewegung. In der Gestalt seines Vaters Leopold stellte sich Michal Šebek vor, der über sehr angenehme Baritonstimme verfügte, sich um einen genau definierten strengen Ausdruck versuchte; ich fand ihn doch für Amadeus Vater zu jung. Die Aufmerksamkeit der Zuschauer weckten die Damen - Hana Holišová in der Gestalt von Konstanze Weber und Jana Musilová, welche der Rolle von der Baronesse von Waldstätten in ihrem Hit „Gold von den Sternen“ einen kultivierten Ausdruck sowie Gefühl verlieh. Zu sehr markanten Gestalten des Musicals wurden auch Jiří Mach als Hieronymus Colloredo, Lukáš Vlček als der Graf Hrabě Arco sowie Milan Němec in der dankbaren, auch wenn kleiden Episodenrolle des Prinzipals Schikaneder. In den meistens komisch gestimmten Auftritten der Familie Weber stellten sich den Zuschauern Rastislav Gajdoš, Lenka Bartolšicová, Lucie Šauerová, Svetlana Slováková und Eva Jedličková vor. Die für die Handlung äußerst wichtige Gestalt ist der junge Amadé, Porzellanideal, das Mozart in allen seinen Schlüsselsituationen begleitet. Es handelt sich um eine sprachlose, also sehr anspruchsvolle Rolle, darüber hinaus bekam Amadé in Brno etwa kleineren Raum als in den Auslandsinszenierungen. Trotzdem wird er von Marek Hurák schauspielerisch sehr genau und überzeugend charakterisiert.
Das Musical des berühmten Autorentandems Kunze - Levay erschien endlich, zu großer Freude von vielen Liebhabern ihrer Werke, auf einer tschechischen Bühne. Man wollte ausrufen: "spät aber doch...!". Es ist hier nötig, den Beitrag des Texters Michael Prostějovský hervorzuheben, der nicht nur das Werk wunderbar umdichtete sondern auch den tschechischen Produzenten unermüdlich anbot und den finalen Kontakt mit den beiden Autoren vermittelte; diese besuchten Brno am 4. Oktober, um die zweite Premiere ihres Musicals zu sehen..
Wenn ich ganz aufrichtig sein soll, Mozart! in Brno ist in den letzten zehn Jahren vielleicht das vierte Werk auf der tschechischen Szene, in das ich nicht zögern würde, in der Rolle eines Zuschauer fünf hundert Kronen für die Eintrittskarte zu investieren. Es ist ein brillantes Stück und ich hoffe, dass es das Eis durchbrechen wird und dass wir bald auch Elisabeth, Rebecca oder Tanz der Vampire besuchen können.
Dem Brünner Musical wurde internationale Anerkennung zuteil
(the) 10. Oktober 2009 zdroj Haló noviny
Die Autoren des weltbekannten Musicals Mozart! besuchten persönlich seine tschechische Premiere, die am Sonntag auf der Musikbühne des Stadttheaters Brno stattfand. Während der ganz ausverkauften Vorstellung wurden sie im Zuschauerraum vom Nationalkünstler Karel Gott begleitet.
Das Musical Mozart! ist ihr drittes Werk. Seine Premiere fand 1999 in Wien statt. Seit damals wurde das Musical zum Bespiel in Hamburg, Budapest und Tokio aufgeführt. Die tschechische Premiere fand genau am Tag des fünften Jahrestags der Eröffnung der Tätigkeit des ausgezeichnet projektierten Musicaltheaters Brno statt, das immer größeren Widerhall im Ausland findet.
„Ich bin sehr froh, dass wir dieses kleine Jubiläum mit einem so großen Werk feiern können, weil das Musical Mozart! seit seiner Weltpremiere vor zehn Jahren auch die größten Musicalszenen in der Welt eroberte," führte der Direktor des Stadttheaters Stanislav Moša an. Er erinnerte, dass während der bloßen fünf Jahre hier dreißig Titel aufgeführt wurden, unter diesen zum Beispiel auch die weltbekannten Musicalhits Die Elenden, Evita oder Jesus Christ Superstar. Einige Inszenierungen wurden in Brno in ihrer tschechischen Premiere oder sogar Weltpremiere in Szene gesetzt.
Der Autor des Musicals Mozart!, Komponist Sylvester Levay, sowie der Librettist Michael Kunze sind mit der Bearbeitung ihres Werks in Brno sehr zufrieden. "Bei den Premieren konzentrieren wir uns beide auf die Reaktionen und Emotionen des Publikums. Wir hatten das Gefühl, dass das Publikum von Anfang bis zum Ende vollkommen reagierte, es in Stück eingezogen wurde, dass es ihm gefallen ist. Wir glauben, dass die tschechische Inszenierung gelungen ist," führte der Komponist Levay an. Er hob hervor, dass die musikalische Seite des Musicals ziemlich anspruchvoll ist, er lobte doch sehr das Brünner Orchester sowie die Protagonisten. Er soll noch kommen um auch eine Reprise zu besuchen und auch andere Alternierungen zu sehen. Der Librettist Kunze wusste dann die Tatsache zu schätzen, dass der Regisseur Stano Slovák mit seinem Inszenierungsteam die streng realistische Einstellung vermieden und ihrer Phantasie freien Lauf ließen. Die Reaktionen der Zuschauer waren heiß, man applaudierte auch während der einzelnen Szenen. Der Schlussapplaus im Stehen dauerte beinahe eine Viertelstunde.
Mozart! in Brno gefiel den Autoren
Jan Trojan 7. Oktober 2009 zdroj Právo
Die Autoren des seit den Wochenendepremieren vom Stadttheater Brno aufgeführten Musicals Mozart!, Librettist Michael Kunze und Komponist Sylvester Levay, drückten vor den Journalisten ihre Zufriedenheit mit der Brünner Einstudierung aus.
"Es ist eine gelungene Bearbeitung. Wir beide konzentrieren uns auf die Reaktionen der Zuschauer, auf ihre Emotionen. Wir haben das Gefühl, dass das Publikum von Anfang bis zum Ende reagierte, es in Stück eingezogen wurde," teilte Levay mit.
Die Aufführung des Stadttheaters Brno in der Regie von Stano Slovák war voll von Phantasie, dem Komponisten gefiel auch die Leistung des Ensembles sowie des Orchesters. Beide Autoren besuchten die zweite Premiere am Sonntag. Levay will noch zurückkehren, um auch andere Alternierungen zu sehen.
Über das Musical Mozart! spricht man wie über ein sehr anspruchvolles, kompliziertes Musical. Kunze sagte zu den Inszenatoren: "Sie haben Mozart wieder belebt!" Und setzte fort, dass das Publikum einen gewissen Abstand von Mozart hält, während dieses Musical dem berühmten Komponisten nahe kommt. "Wir bringen keinen Genius, sondern einen Mensch auf die Szene. Und das gelang in Ihrer Inszenierung, das Publikum begriff, dass der Genius von jemandem beherrscht sein kann, es geschieht immer", setzte zufriedener Kunze fort.
Kunze schließ seinen Auftritt mit der, wie er sagte, provokativen Behauptung, dass die einzige lebendige Form des gegenwärtigen Musiktheaters das Musical ist.
Michael Kunze, Sylvester Levay: Mozart!
David Kroča 5. Oktober 2009 zdroj Tschechischer Rundfunk Vltava
Im deutschen Musical Mozart! handelt es sich um keine biographische Geschichte des weltberühmten Komponisten, sondern eher um eine Parabel über den Zusammenstoß der Genialität mit der Durchschnittlichkeit, wie wir sie zum Beispiel aus dem Schaffers Drama Amadeus oder aus der gleichnamigen Filmbearbeitung von Miloš Forman kennen. Konkret konzentriert sich das Musical auf die Beziehung zwischen Mozart und seinem ambitiösen Vater, der in seiner Bemühung, einen Genius zu erziehen, zu einem Tyrann wird. Die ambivalente Auffassung der Vaterliebe, die liebt und verbrennt, geht als ein Leitmotiv durch die ganze Geschichte. Diese beschreibt das Leben des Komponisten von seinen ersten Kinderauftritten über seine Tätigkeit in Wien bis zum legendären Komponieren seines Requiems, während dessen Mozart stirbt.
Die magische Atmosphäre sowie die Bildhaftigkeit werden dem Musical dank der Verdoppelung der Titelgestalt geliefert. Neben der realen und alt werdenden Gestalt geht auch eine imaginäre Figur des "kleinen Porzellangenius" die Handlung durch - Kinderrolle, deren Ziel ist, an Mozart den Blick in einen inneren Spiegel anzubieten und so seine Entscheidungen in Frage zu stellen. Der Regisseur Stanislav Slovák in Zusammenarbeit mit der Bildnerin Andrea Kučerová vertiefte die Spannung zwischen den beiden Protagonisten auch dadurch, dass der traumhafte Mozart ein Rokokokostüm trägt, während jener reale die Form eines gegenwärtigen Jungen bekam, der T-Shirt und Jeans trägt, Tätowierung auf einer Schulter und Dreadlocks hat.
Die aktuelle Auffassung des Themas stellt ganz sicher den Vorteil des neuen Musicals dar. Sowie der Versuch, Mozarts Zeit mit der Gegenwart zu verbinden. Es gelingt dank der ungewöhnlichen Choreographie von Igor Barberić, der die Zeitfiguren mit modernen Tanzelementen verband, aber auch dank der erfinderischen Szene von Jaroslav Milfajt. Auf das System von verschiebbaren Vorhängen und Blenden werden dekorative und bedeutungsbildende Szenen, eventuell Untertitel mit Ort und Datum der Handlung projiziert, welche die Orientierung in der Handlung erleichtern. Ein Problem sehe ich darin, dass die einzelnen Bilder nur wie eigenständige Nummer funktionieren, denen doch Anknüpfung und Gradation fehlen. In der Regie von Slovák werden die Auftritte übersichtlich pointiert, den Konflikt zwischen der Vaterautorität und der widersetzlichen Jugend lässt er doch fast ohne Spannung, kurz gesagt vorhersagbar, abzuklingen.
Was die schauspielerischen Leistungen betrifft, waren sie bei der Reprise, die ich besuchte, ausgewogen und wirklich ausgezeichnet. In der Titelrolle verlier sich der dritte alternierende Lukáš Janota neben seinen mehr erfahrenen Kollegen Dušan Vitázek und Aleš Slanina nicht. Er weiß auch die anspruchvollen Liedersolos zu präsentieren und ausgerüstete die Gestalt des modernen Mozarts mit sympathischem Halbstarkenstreich und Rockzügellosigkeit. Die Gestalt des Vaters des Komponisten wird nach der Verletzung von Jan Ježek nur durch Michal Šebek gespielt - und er weiß es ausgezeichnet. Seine Songs wirken mit großer emotionaler Kraft, insbesondere in jenen Momenten, wann Leopold Mozart über seine Verschuldung und Schuld gegenüber dem Sohn, der in seinen Augen noch immer ein Kind bleibt, bewusst wird. Von vielen anderen Gestalten sind mindestens Mozarts Ehefrau Konstanze in der Darbietung von Hana Holišová, Graf Colloredo in der Darbietung von Petr Gazdík und die überzeugende Baronesse von Markéta Sedláčková wert, hervorgehoben zu sein.
Mozart! wird sich in der Lawine der neuen Musicals auf unseren Bühnen nicht verlieren. Insbesondere dank den außergewöhnlichen sängerischen Leistungen wird sich der Besuch der Musikbühne in Brno sicher lohnen.
Der Gott wünschte sich ein Wunder und er gab ihm den Namen Mozart
Jiří P. Kříž 5. Oktober 2009 zdroj Právo
Mit der Prämiere des Musicals von Kunze und Levay im Rockkleid trat Das Stadttheater Brno aus der Broadway-Konvention heraus
Für tapfer halte ich schon den Zwang, das Thema Mozart! nach Shaffers Amadeus, insbesondere nach seiner Filmversion aus der Werkstatt von Miloš Forman (1982) und nach den aus diesen abgeleiteten, für das Musiktheater bestimmten Formen, anzufassen. Der Librettist Michael Kunze und sein treuer Mitautor, Musikant Sylvester Levay fanden solche Kühnheit.
Die beiden gehören zu der Generation der Sechzigjährigern, die von der Beat- und Rockszene der sechziger Jahre aufgezogen sind. Ihre Musicals verlassen deutlich die Broadway-Konventionen, obwohl sie New York regelmäßig erobern (am meisten vielleicht Tanz der Vampire von Kunze und Steinman, nach Roman Polanski geschrieben). Das künstlerische, anspruchvolle und einzigartige Musical Mozart! wird nach Wien, Budapest, Hamburg und Tokio zum neusten Hit in Brno, und wo anders als auf der Musikbühne des Stadttheaters.
Musical auf eine andere Weise
Es geschieht nicht zu oft, dass die Theaterprämieren vom Meister Karel Gott als Zuschauer besucht werden. Für den Besuch des Musicals Mozart! in Brno hatte er einen guten Grund. Kunze als Texter ist der Täter seiner göttlichen Karriere in Deutschland - von Lady Karneval bis zu Biene Maya.
Noch ein Faktor erhebt Mozart! von Kunze und Levay zum Musicalereignis des Jahres. Aus Deutschem ins Tschechische wurde es vom Michael Prostějovský übersetzt, der in Übereinstimmung mit der künstlerischen Linie des gegenwärtigen erfolgreichsten kontinentalen Autors des Musiktheaters wieder bewies, dass der Musicaltext ein dichterisches Werk sein soll. Anstelle aller Argumente sind hier seine Jesus Christ Superstar, Evita, Cats, Joseph and the Amazig Technicolor Dreamcoat...
Die Autoren selbst sparten nicht mit ihrem Lob. Die Prämiere in Brno bezeichneten sie als eine der besten. So bestätigten sie diplomatisch die Tatsache, dass sie selbst die japanische Version am meisten schätzen. Dort widmet man doch dem aus dem Kommerzsee des musikalischen Amerikas auftretenden Musical längst uns systematisch. An der Herrlichkeit, an der bei uns noch immer schwierig erreichbaren Professionalität des Brünners Musicals, das das Stadttheater in Europa katapultierte, haben die ausgereifte, in Überblendung der Bildschichten anspruchvolle Regie von Stanislav Slovák und die einfallsreiche Choreographie von Igor Barberić, die die Möglichkeiten des in Bewegung perfekt gedrillten schauspielerischen Ensembles vollkommen ausnutzt, einen riesigen Anteil.
Mit dem Rockgenre des Ganzen stimmen auch die Kostüme von Andrea Kučerová - vom rebellischen Protest-Image der Titelgestalt bis zur bildnerisch gelungenen Stilisierung von Salzburg und Wien in der Rokokozeit. Und im Gegensatz dazu, märchenhaft einfache Szene von Jaroslav Milfajt mit ornamentaler Videoprojektion-Verzierung von Petr Hloušek...
Über den Konflikt mit der Gesellschaft
Ein der anspruchvollsten, aber dabei melodisch dichten gegenwärtigen Musicals ging manchmal über die Kräfte der sonst perfekt ausgelernten Schauspieler, z.B. die Intonation von Marta Prokopová (Nana Mozart). Demgegenüber souverän bewältigten ihre Parte - was Gesang, Tanz sowie Ausdruck betrifft - Aleš Slanina (Mozart, Alternierung Dušan Vitázek, Lukáš Janota), Michal Šebek (sein Vater Leopold, Aleternierung Jan Ježek, der sich bei der Samstagspremiere verletzte), Hana Holišová (mit Johana Gazdíková Konstanze Weber), Jana Musilová (mit Markéta Sedláčková Baronesse von Waldstätten...)
Mozart! von Kunze und Levay ist keine Konfrontation des schöpferischen Wegs dieses Musikgenius. Es zielt an allgemeines Nachdenken über Sehnsucht nach schöpferischer Freiheit in der von Autoritäten und Konventionen unterjochten Zeit.
Hut ab vor Mozart!
Peter Stoličný 8. September 2009 zdroj musical-opereta.cz
Es geschieh nicht zu oft, dass in die große Theaterwelt ein Musical eindringt, das aus einer anderen Werkstatt als aus der Londoner Produktion von Cameron Mackintosch oder aus Broadway stammt. Den deutschen Autoren des Musicals Mozart! gelang es. Michael Kunze und Sylvester Levay (der erst genannte ein Gebürtiger aus Prag, der letzt genannte der in Subotica geborene Ungar) hatten vor ihrem Mozart! schon ein Erfolg erlebt - es war das Musical Elisabeth im Theater an der Wien. Im Jahre 1999 fand in demselben Theater auch die Prämiere des Musicals Mozart! statt und ihr letztes gemeinsames Werk ist das Drama - Musical Rebecca im Wiener Raimund Theater. Die europäischen Bühnen werden allmählich auch von Marie Antoinette erobert, die im Jahre 2006 in Japan aufgeführt wurde.
Die zwei Autoren, welche vorher an unterschiedlichen Werken getrennt arbeiteten, haben gemeinsame Ansicht an das Musicalwerk. Kunze begann als ein erfolgreicher Texter der deutschen Popmusik und Übersetzer der Librettos zu den berühmten Webbers Musicals ins Deutsche. Levay komponierte die Lieder zum Beispiel für Udo Jürgens, Elton John und andere. 20 Jahre lang lebte er in Hollywood und komponierte die Filmmusik. Seit dem Jahre 1990 wohnt er in Hamburg und widmet sich den Musicals. Die Wurzeln der Werke von diesen beiden Autoren sind also mit dem produktivsten Zeitraum der gegenwärtigen Weltmusicalproduktion verbunden. Von Galt Mac Darmot (Hair) zu Lloyd Webber (Das Phantom der Oper und andere) und Claud-Michael Schönberg (Die Elenden und andere). Was für eine Verbindungsstellung zum Werk, man kann sagen kontinuierliche Stellung zum Werk, ist hier zu finden? Es handelt sich vor allem um die Genreauffassung, Inhaltsauffassung. Das Musical als der Nachfolger des Singspiels und der Operette war ursprünglich vor allem ein Unterhaltungsgenre (Show boat, Hello Dolly, My Fair Lady, usw.). Erst in der zweiten Welle der sechziger Jahre erschienen das Shakespeare-Bernstein-Drama West Side Store oder Der Fiedler auf dem Dach von Jerry Bock und Sheldon Harnick. Und plötzlich sind hier die Werke, die auch trotz ihrer auffälliger Visualisierung und Tanzkreationen vor allem appellativ und mit starker Gedankenbotschaft gefüllt sind; die Werke, deren Aufgabe nicht ist, die Zuschauer zu unterhalten, sondern eher sie zu einer gewissen Anagnoris zu führen, denn sie die Schicksalstreffen in Konflikten mit den humanistischen Idealen der menschlichen Gesellschaft in sich tragen.
Wenn wir solche Verwandtschaft im Inhalt finden, warum sollten wir sie in der Musikebene nicht finden? Ich gebe zu, wenn ich das Musical Evita zum ersten Mal traf, fand ich der Konflikt der Hauptprotagonistin Evita mit Che Guevara zu viel ähnlich einem streitsüchtigen Duett des Ehepaar Thénardiér aus Den Elenden. Ebenso finde ich mehr als eine Verwandtschaft zwischen einigen szenischen "Musikhintergründen" in Mozart! und Webbers Werke. Zuerst suchte ich, was das erste war, ob Evita oder die originellen Elenden, das Spielen in Algerien viel früher, als sie vom Londoner Mackintosh entdeckt wurden (diese Werke entstanden in demselben Jahr.) Es wurde mir doch klar, dass es keinen Sinn hat, nach dem Primat eines musikalischen Einfalls zu suchen. Denken wir heute vielleicht darüber nach, ob der klassische Walzer dank Strauss, Kálmán oder Lehar in der Operette erschien? Oder wurde der Walzer in der Operette zum ersten Mal von Millöcker verwendet? Das zählt doch nicht mehr...
Wahrscheinlich sind wir heute Zeuge eines sich schrittweise kodifizierenden Genres des Musicaldramas. Deshalb jene gewisse Inhalts- sowie Musikverwandtschaft. Man kann also nur konstatieren, dass zwischen den Musicaldramen ein einziges Unterschied besteht, und zwar in der Qualität. Auf einer Seite steht zum Beispiel die tschechische Produktion (Golem – Svoboda und Zelenka, Dracula – Svoboda und Borovec, Kleopatra – David und Borovec, usw.), in der meistens vor allem um die Präsentierung der Popstars geht - diese füllen die Theaterkasse, locken den meistens oberflächlichen und dramatisch sowie intellektuell unerfahrenen Zuschauer, damit er seine Idole live anschaut. Gott sie dank, so kommt in den Zuschauerraum auch der Zuschauer, der gewöhnlich die Fernsehsendereihen verfolgt! Der wirklichen musikalisch-dramatischer Kunst kommen diese Werke nur schwierig näher. Auf der anderen Seite sind hier ausgereifte Werke, welche keine medialisierten Stars für "ihren Platz an der Sonne" brauchen. Das, was sie brauchen, sind hohe professionelle Anforderungen von allen, die an der Realisierung teilnehmen. Und das ist auch der Fall der letzten Prämiere des Stadttheaters Brno, wo Mozart! wie die dreizehnte tschechische und dreißigste Prämiere allgemein in der fünfjährigen Existenz der Musikbühne des Stadttheaters aufgeführt wurde.
Bevor ich über die Inszenierung schreiben werde, muss ich noch den unglücklichen Anfang ihrer ersten Prämiere erwähnen. Vielleicht verursachte es das Los (es war die dreizehnte tschechische Premiere), etwa nach den ersten dreizehn Minuten ein der Hauptprotagonisten, Mozarts Vater Leopold, von Jan Ježek wunderschön gespielt und gesungen, erlitt eine Verletzung: Hinter der Szene blieb ihm sein Fuß in der schweren Bühnentechnik (in dem sog. "fahrbaren Tisch") stecken und diese verletzte ihn schwer (Bruch von einigen Fingern). Der Schauspieler wurde sofort ins Krankenhaus transportiert und innerhalb von zwanzig Minuten (vielleicht nur dreizehn?) war eine ausgezeichnete Alternierung, Michal Šebek, für die Rolle vorbereitet. Durch diese Pause sowie durch den Schock der Zuschauer, wann der Direktor Moša vor den Vorhang kam um zu informieren, was geschah war, störte ein bisschen die Flüssigkeit der ersten Handlung. Man kann doch nichts tun, die Unfälle kommen im Theater manchmal vor - das ganze Theater ist ein ziemlich gefährlicher Arbeitsort. Es ist nötig, sich vor allen, die die Premiere schufen und zu Ende spielten, tief zu verbeugen, dass sie imstande waren, nach diesem Unglück eine so ausgezeichnete Leistung zu liefern. Aber jetzt greife ich den Ereignissen vor - also gehen wir uns Mozart! (mit Ausrufezeichen) näher anschauen.
Die Geschichte ist ganz anders, als der Zuschauer erwarten würde. Es ist kein Amadeus von Shaffer, der den Filmregisseur Forman berühmt machte. Es handelt sich um den Streit von Mozart und Salieri um die Gunst des Keisers nicht. Die Autoren stützen sich mehr um die autobiographischen Momente, über die wir in den an seinen Vater Leopold adressierten Briefen von Mozart sowie in der Korrespondenz von Amadeus und Konstanz oder Amadeus und Cecilia Webber lesen können. Bei uns wurden diese Briefe im Verlag Supraphon im Jahre 1982 herausgegeben. Gerade dank der erwähnten Authentizität gelang es, in die Beziehungen des genialen Künstlers und seiner Familie, in die Umgebung, die ihn umringte, und vor allem in die Beziehungen von Amadeus und seines Vaters Leopold viel tiefer einzusehen. Genialität und Durchschnittlichkeit, Enthaltsamkeit und Obszönität, unendliche Liebe und egoistischer Eigentum von jemandem. Herrschaftliche Willkür und Abhängigkeit des Genius von dieser. Gehorsamkeit und Revolte. Tiefe Liebe und Oberflächigkeit. Man würde sagen: laute Juxtaposition. Laute Gegensätze. Wasser und Feuer, Schwert und Brot.
Noch eine Kleinigkeit, die für die Geschichte sehr hilfreich war, ist zu erwähnen. Es ist die Gestalt des jugendlichen Mozarts, eines gewissen "Porzellanmenschen", der der ständige Zeuge des Lebens von Amadeus ist. Und Mozart, wenn ihn es bangt oder im Gegensatz wenn ihm es abnormal lustig ist, immer, wenn er eine Schlüsselsituation durchgeht, lehnt sich an dieses Kind an, kommuniziert meistens nonverbal mit seinem Alter Ego. Es ist gut ausgedacht, richtig verwendet und bedeutungsbildend. Weil das, was bis zum letzten Punkt ausgesprochen ist, hört auf, interessant zu sein. Und der Zuschauer stellt sich in vielen Momenten die Frage: Warum schloss Mozart diesen Jungen gerade jetzt in seine Arme? Ist es die Freude? Bange? Oder vielleicht Einsamkeit?
Mit diesen Fragezeichen kommen wir zur Einstudierung des Werks. Es beginnt bei der Übersetzung, genauer gesagt bei der Umdichtung des Librettos von Michael Kunze. Der schon beinahe Hofübersetzer des Stadttheaters Michael Prostějovský machte es wirklich empfindlich, der Regisseur hatte eine Grundlage, auf der er bauen konnte. Ich ahne nicht, was für einen Anteil die Dramaturgen Klára Latzková und Jan Šotkovský an diesem Ergebnis haben, aber das Theater ist immer eine Teamarbit und so fragen wir uns nicht, wer was gemacht hat. Der Text sowie das mit Fakten gefüllte Bulletin, unter dem Herr Prostějovský unterschrieben ist, waren vorbildlich vorbereitet.
Der Regisseur Stano Slovák, Absolvent der Schauspielkunst und dann auch der Regie an der Janacek Akademie der musischen Künste Brno, vorbereitete auf der Musikbühne schon seine dritte Inszenierung. Es ist ziemlich interessant die Schauspielkunst und Regie von Slovák zu vergleichen. Als ein Musicalschauspieler ist er dynamisch, impulsiv, mit ausgearbeiteter Bewegungskultur, expressiver Schauspielkunst und reich gelegter Stimme, mit anständigem Umfang. Als Regisseur ist er plötzlich anders. Er widmet sich präzis dem Temporhythmus der Inszenierung, er hat keine Eile, er weiß sich die Situationen zu genießen. Falls im Musical Auf Glas gemalt das Statische einen Nachteil darstellte, resonierten die feinen Spielereien der Zwerge im Märchen Schneewittchen schon schön, und zwar gerade dank dem durchdachten Tempo der Geschichte. Im Musical Mozart zeigte sich diese durchdachte Auffassung mit durchgearbeitetem Tempo, einschließlich seiner Änderungen, schon völlig. Slovák geht zwar von der schauspielerischen Auffassung der Regie aus, weil er selbst ein Schauspieler ist, er ist aber gleichzeitig ein empfindungsfähiger Dirigent des Baues von Mizanszenen, wenn es nötig ist, er hat keine Eile, er lässt die Situation abzuklingen, damit sie gehörige emotionelle Resonanz hat. Der Regie hilft sehr die wunderschöne und durchdachte Szene von Jaroslav Milfajt. Wir haben uns im Stadttheater Brno oder auch im Nationaltheater Brno schon gewöhnt, dass seine Szenographie immer voll von Einfällen und vor allem von Funktionalität ist. Sie gibt dem Regisseur immer viele Möglichkeiten. So ist es auch im Musical "Mozart!". Große rote Flächen breiten sich in Seiten sowie vertikal aus, bilden eine Serie von "Guckfenstern", durch die wir auf die Bühne eindringen. Dort reichen nur ein paar Andeutungen, damit wir die Illusion der Umgebung aus der Klassizismuszeit wahrnehmen. Gleichzeitig lässt die Szene von Milfajt die Kostüme von Andrea Kučerová zu glänzen. Die durchdachte Skala von Farben und Formen ergänzt wunderschön den sattroten Hintergrund der beweglichen Wandschirmen und Paravents. Das Einzige, womit ich mich nicht vollkommen identifizierte, waren die gegenwärtigen Jeanskostüme. Ich glaube, dass es hier viele andere Ausdrucksmittel zur Verfügung standen, die ihn als einen Menschen aus Fleisch und Blut, als Genius und Rebell, der im achtzehnen Jahrhundert sowie im einundzwanzigsten Jahrhundert leben konnte, determinieren würden. Gerade das wird nicht durch ein Kostüm, sondern durch das Leben gemacht. Lebensweise. Deshalb störte mich ein bisschen diese unnütze Beschreibungsform. Es ist vielleicht der einzige Vorwurf, den ich zu den Kostümen - genauer gesagt zu der Regieauffassung des Musicals - habe.
Die schauspielerische und sängerische Kunst sowie die Tanzkunst des Stadttheaters Brno zu beschreiben, das ist immer ein "Problem". Weil man immer und wiederholt applaudieren muss und das ewig wiederholte Lob schon langweilig wird. Es ist wirklich so. Die Chorszenen in diesem Musical sind nicht einfach. Deshalb Hut ab vor ihrer Einstudierung (Chormeister Karel Škarka). Und dabei mussten die Chormitglieder noch tanzen, sich bewegen, und zwar in ziemlich aufreibendem Tempo (Choreograph Igor Barberić).
Die Inszenierung wird zweimal oder sogar dreimal alterniert, wobei es hier keinen Schlüssel gibt, dass die erste Besetzung besser als zweite oder dritte ist. Man rechnet mit flexibler Auswahl der Protagonisten für die einzelnen Vorstellungen demnach, welche Schauspieler aktuell verfügbar sind, wie er mit der Gesundheit darauf sind, usw. Die Arbeit an der Inszenierung war also zweifach, dreifach, was das Leben der Regie nicht einfacher machte, darüber hinaus wurde das Werk in einer Rekordzeit einstudiert. Das zeugt über wirklich durchdachtes Management der ganzen "Theatermaschine". Hut ab, Hut ab.
Bei der ersten Premiere sah ich den ausgezeichneten Dušan Vitázek als Mozart. Er war wirklich ein gegenwärtiger Junge, Rebell, Frechdachs und exzentrisches Talent. Mozart - Vater habe ich schon erwähnt. Weil er zuerst von Jan Ježek und nach seiner Verletzung von Michal Šebek gespielt und gesungen wurde, war es möglich, sie zu vergleichen. Ježek war mehr robust, mit Stimme sowie Ausdruck. Auf der anderen Seite Šebek war mehr empfindlicher, mit Nuancen der Stimmungen und Stellungen. Bei diesem kleinen Vergleich hatten wir die Möglichkeit (leider wegen einem Unfall) die Regiearbeit von Stano Slovák zu sehen. Er geht wirklich vom schauspielerischen Naturel, von der Persönlichkeit des Schauspielers aus. Er bildet die Gestalt nicht wie mit einem "Kopierpapier". Desto schwieriger ist die Arbeit mit mehreren Alternierungen. Eine andere ausgeprägte Gestalt war Hieronymus Colloredo in der Darbietung von Petr Gazdík. Er hat wirklich schöne Stimme und suggestiven Ausdruck. Die Fixstars des Stadttheaters sind die Mädchen - eigentlich die Damen des Musicals. Johana Gazdíková als Konstanz, Markéta Sedláčková als Baronesse Waldstätten, Svetlana Slováková als Josefa Webber. Jede von ihnen hat ein anderes Stimmtimbre, ein bisschen andere Ausdrucksmittel, sie enttäuschen doch nie, sie sind eigenartig und gleichzeitig erfüllen sie vollkommen ihre Rollen.
Wir können die Besetzung weiter durchgehen und wieder loben. Das Stadttheater Brno hat keine schlechten Schauspieler. Es kennt meistens keine falschen Töne und hat keine plumpen Tänzer. Es ist ein professionelles Team, dem im Musikbereich die erfahrenen Dirigenten "Befehle" geben. Bei der ersten Premiere war es František Šterbák. Die Position des Dirigenten ist in diesem Werk nicht einfach. Die typischen Musicalmelodien, das Orchester und die Chöre vermischen sich mit dem Klassizismus. Die Antritte der Gesangparte sind manchmal ziemlich unerwartet, manchmal ist ein Terzett zu viel kompliziert und der Zuschauer - Zuhörer wahrnimmt nur das Ganze. Aber die Musikanten, Sänger, Dirigent? Sie müssen mit der komplizierten Komposition immer im reinen sein und das erste Gesetz muss die Genauigkeit sein. Ich schreibe es vielleicht schon zum dritten Mal aber wieder: Hut ab!
So können wir zur Schlussbewertung kommen: Das Musical oder Musicaldrama "Mozart!" ist eine weitere hochwertige Inszenierung der Musikbühne des Stadttheaters Brno. Es ist auch eine bedeutende dramaturgische Handlung und gute Visitenkarte des Starts des Regisseurs Stano Slovák für die Realisierung der Werke des sog. großen Weltmusicals.